500 Jahre Täuferbewegung 1525-2025
„Die Täufer lebten radikale Jesus-Nachfolge. Das waren mutige Frauen und Männer, die nach der Bergpredigt leben wollten. Dafür nahmen sie Verfolgung in Kauf. Unsere Gemeinden haben die Glaubenstaufe und andere Grundsätze mit den Täufern gemeinsam. Aber was mich an den Täufern besonders fasziniert, ist die Art und Weise, wie sie alle Bereiche des Lebens an Jesus als Vorbild ausrichten wollten.“
So fasst Hassan Benjamin Nutzinger, Student an der Theologischen Hochschule Elstal, Eindrücke zusammen, die er aus Erfurt mitbrachte. Zu dem Studientag „Nonkonformisten, Märtyrer, Visionäre“ am 29.10.2019 waren über 70 Frauen und Männer aus ganz Deutschland angereist – mehr, als die Organisatorinnen erwartet hatten. Die meisten Teilnehmenden kamen aus Gemeinden, die direkt oder indirekt mit der täuferischen Tradition verbunden sind: Mennoniten, Baptisten und Adventisten. Veranstalter war der Verein „500 Jahre Täuferbewegung 2025 e.V.“, dem Vertreter mennonitischer Gemeinden und des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden angehören.
Über die Geschichte der Täufer sprach in Erfurt die baptistische Kirchenhistorikerin Andrea Strübind (Oldenburg). Eine Gruppe von Theologen, Handwerkern und Studenten ließ sich am 21. Januar 1525 in Zürich auf das Bekenntnis des Glaubens taufen. Vorangegangen war ein Zerwürfnis mit dem Reformator Ulrich Zwingli über die Kindertaufe. Zwingli, Luther und die reformatorischen Staatskirchen hielten wie die katholische Kirche daran fest, dass alle Neugeborenen getauft werden müssen.
Die Kindertaufe wurde durch staatlichen Zwang durchgesetzt. Seit ihren ersten Anfängen wurden die Täufer von evangelischen und katholischen Obrigkeiten blutig verfolgt. Zwischen 1525 und 1626 wurden tausende Männer und Frauen wegen des Verbrechens der „Wiedertaufe“ verbrannt, ertränkt oder enthauptet. Dennoch breiteten sich täuferische Gemeinden in den meisten Regionen des deutschen und niederländischen Sprachraums aus.
Einige täuferische Gruppen, die Schweizer Brüder, die Mennoniten, die Hutterer und die Amischen, konnten sich bis zur Gegenwart behaupten. Täuferische Grundsätze übernahmen auch die Baptisten, deren erste Gemeinde 1609 unter englischen Glaubensflüchtlingen in Amsterdam entstand. Täufer und Baptisten vertraten seit ihren Anfängen den Grundsatz der Religionsfreiheit.
Den zweiten Hauptvortrag hielt der reformierte Theologe Marco Hofheinz (Hannover). Er stellte mit dem Mennoniten John H. Yoder (1927-1997), dem Baptisten James W. McClendon (1924-2000) und dem Methodisten Stanley (geb. 1940) drei Theologen vor, die das Friedenszeugnis der Täufer weitergedacht und auf die heutige Situation bezogen haben.
Nicht nur durch den Ort, das ehemalige Augustinerkloster, in das der junge Martin Luther 1505 eintrat, stand der Studientag unter einem ökumenischen Vorzeichen. Das Erbe der Täufer, die die ersten staatsunabhängigen evangelischen Gemeinden der deutschen Geschichte bildeten, hat für Christen aller Konfessionen Bedeutung. Dies wurde in einer abschließende Podiumsdiskussion deutlich, an der auch die katholische Theologin Dorothea Sattler (Münster) teilnahm. Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) förderte die Veranstaltung finanziell. Materialien und Informationen zu weiteren Aktivitäten findet man im Internet unter: www.taeuferbewegung2025.de.
(Ein Artikel von Prof. Dr. Dr. Martin Rothkegel - erschienen in "DIE GEMEINDE")