Vortrag von Curtis Freeman

„Undomesticated Dissent“ – unter diesem Titel hielt der Theologe und Historiker Prof. Dr. Curtis Freeman von der Duke University (North Carolina) am 03. Februar 2016 einen Gastvortrag an der Theologischen Hochschule Elstal.
Ausgangspunkt des Vortrags war der Bunhill Fields Friedhof in London auf dem auch die Denkmäler der zwei Schriftsteller John Bunyan und Daniel Defoe sowie des Dichters und Malers William Blake zu finden sind. Auf dem Friedhof wurden Ende des 17. Jahrhunderts bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die sogenannten „Dissenter“ begraben, Protestanten die sich aufgrund abweichender Meinungen von der anglikanischen Staatskirche getrennt hatten.
Ein Besuch des Friedhofs gab Freeman den Anstoß sich eingehender mit den Werken dieser drei Dissenter zu befassen. Die Verankerung ihrer Werke in der Frömmigkeit der englischen Freikirchler zu untersuchen, ihren Beitrag zur freikirchlichen Tradition zu deuten und genau hinzuhören auf die Stimmen des Widerspruchs.
In England wurde zwischen 1661 und 1665, nach Ende des "Commonwealth of England" durch eine Reihe von Gesetzen die Vormachtstellung der anglikanischen Staatskirche wiederhergestellt, was gleichzeitig das Ende der Toleranz gegenüber Mitgliedern anderer Glaubensrichtungen und oftmals deren Diskriminierung bedeutete. Mit dem "Act of Tolerance" kam es zwar ab 1689 zu einer deutlichen Verbesserung für andere Konfessionen, aber bis zur rechtlichen Gleichstellung der Katholiken und Dissenter mit den Anglikanern sollten noch viele Jahre vergehen.
Vor diesem Hintergrund verfasste Daniel Defoe seinen berühmten Roman „Robinson Crusoe“, dessen Hauptfigur laut Freeman auch als protestantischer Dissenter betrachtet werden will und auf den Freeman beispielhaft den Schwerpunkt im Vortrag setzte. Durchleuchtet man den Roman auf der Suche nach der theologischen Botschaft, lässt diese nicht lange auf sich warten.
Der Roman enthält das Zeugnis von Robinson Crusoe, der fernab von menschlicher Interaktion und alleine durch das Wort Gottes, Christ wird. Was im einzig zur Verfügung steht ist die Bibel, durch die er lernt was es bedeutet mit Gott zu leben. Robinson Crusoes Weg, der exemplarisch über Rebellion, Überführung und Buße schließlich zur Bekehrung und der Erneuerung durch Jesus Christus führt, ist ein langer. Und nach Robinsons Bekehrung folgt alsbald die Geschichte der Bekehrung seines Freundes „Freitag“ unter Robinsons Begleitung.
Durch den Blick auf ihre Werke ist es ein Anliegen Freemans an den lebendigen Glauben der Dissenter zu erinnern, die in einer Zeit der Unterdrückung nicht an Elan verloren, sondern leidenschaftlich zu ihrer Überzeugung standen, dass Jesus Christus allein die Herrschaft innehat.
Der freikirchliche Protestantismus kommt aus einer Tradition der Ausgrenzung und Isolation, die sich auch im Bild des gestrandeten Crusoes wiederfindet. Freeman betont, dass im Anbetracht dieser Tradition von Andersdenkenden die baptistischen Gemeinden genau der Ort für das Gestalten von Widerspruch sind. Der Ort, an dem man sich gegenseitig auffordern sollte genau hinzuhören und gegebenenfalls laut zu werden.

Glauben, Denken, Handeln