Symposion 2021: „Für alles offen? – Gemeinschaft auf dem Prüfstand. Gegenwartstauglichkeit und Zukunftsfähigkeit des freikirchlichen Gemeindemodells“
Das diesjährige Symposion der Theologischen Hochschule Elstal und der Gesellschaft für Freikirchliche Theologie und Publizistik stand unter dem Titel „Für alles offen? – Gemeinschaft auf dem Prüfstand. Gegenwartstauglichkeit und Zukunftsfähigkeit des freikirchlichen Gemeindemodells“. Es fand vom 22. bis zum 24. Oktober präsentisch in den Räumlichkeiten der Hochschule statt. Die Vorträge und Diskussionen konnten aber auch online von Teilnehmenden miterlebt werden. So konnten trotz der Coronasituation mehr als 70 Personen an der Tagung teilnehmen.
Am Freitagsabend startete das Symposion mit einem Vortrag von Prof. Dr. Dr. Günter Thomas zum Thema „Kirche und Corona – Gemeinde als Gemeinschaft der Anwesenden“. Thomas bestimmte Kirche nicht als „Projekt der Kirche“, sondern als „Projekt Gottes“. Er führte eine Gegenwartsanalyse vor, die auch die „Verletzlichkeiten“ durch Corona behandelte, und warb für eine Gemeinde, die den „geistlich Bummelnden und den geistlich Rasenden gleichermaßen einen Raum zur Entfaltung gibt“.
Die Beiträge am Samstag wurden von Prof. Dr. Ralf Dziewas eröffnet, der bei seinem Vortrag „Horch, was kommt von draußen rein“ die Irritation gemeindlicher Kommunikation durch übergemeindliche Bewegungen darstellte. Dziewas erläuterte, wie sich das frühere Hauptcharakteristikum freikirchlicher Identität, die Unterscheidung von „Drinnen und Draußen“, im Laufe der Freikirchengeschichte zunächst relativierte und warum es in der Gegenwart nicht mehr zur Identitätswahrung funktioniert.
Prof. Dr. Dr. Martin Rothkegel referierte zum Thema „Strukturen einer unsichtbaren Kirche“ und schilderte am Beispiel der Schweizer Brüder eine Strömung des Täufertums des 16. und 17. Jahrhunderts, die sich als Untergrundkirche über ganz Europa vernetzte.
Prof. Dr. Andrea Strübind, die als baptistische Kirchenhistorikerin an der Carl von Ossietzky-Universität in Oldenburg lehrt, referierte anschließend zum Thema der Ruferbewegung als spirituelle und innovative Erneuerungsbewegung im freikirchlichen Kontext. Dabei wurde deutlich, wie herausfordernd und bereichernd diese Bewegung für den Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) war.
Am Nachmittag ging es mit Prof. Dr. Thorsten Dietz dann um die Frage der „Geistlichen Gemeindeaufbrüche als Weichenstellung für die Zukunft“, wobei auf pointierte Weise die Vielfalt der aktuellen postevangelikalen Theologie und ihrer Diskurse deutlich wurde. Außerdem wurden Studierende der Theologischen Hochschule Elstal zu ihren Wünschen und Vorstellungen von Gemeindeleben und Gemeindearbeit interviewt – ein Gespräch, das dann im Kreis aller Beteiligten fortgesetzt wurde.
Unter dem Titel „Zwei Marken unter einem Dach“ erläuterte Christoph Stiba als Generalsekretär des BEFG das Verhältnis zwischen Baptistengemeinden und Christusforum im BEFG und Diethard Dahms das rechtliche Verhältnis von Bund und Ortsgemeinden. Der Samstagabend wurde abgeschlossen mit einer Podiumsdiskussion aller Referierenden über die Zukunftsfähigkeit des freikirchlichen Gemeindemodells.
Der in Oxford lehrende Professor Paul Fiddes bereicherte das Symposion am Sonntagmorgen online und entfaltete eine zugleich baptistische als auch ökumenische Vision der Gemeinschaft, in der er sowohl die Abendmahlsgemeinschaft der Ortsgemeinden als auch die übergemeindlichen Strukturen eines Gemeindebundes in der Trinität Gottes begründet sah. Das Symposium endete mit einem Vortrag von Prof. Dr. Sandra Bils, die über „liquid church“ referierte und darstellte, wie die Kirche auch in den Stürmen der heutigen Zeit bestehen könne. Sie forderte die Hörenden auf, ihr Vertrauen nicht nur auf „Stabilität und Starrheit“ zu setzen, sondern ermutigte sie zu einem „Vertrauen auf Gott im Sturm“ und zum Einsatz moderner Methoden der Gemeindeentwicklung.
Die Tagungstage starteten und endeten jeweils mit kurzen Andachten. Während der Mahlzeiten und Kaffeepausen gab es zudem Zeiten für den persönlichen Austausch. Studierende der Theologischen Hochschule Elstal konnten durch eine Förderung der Gerhard-Claas-Stiftung kostenfrei an dem Symposion teilnehmen. Ein Student berichtet: „Ich nehme innovative Ideen für die Gestaltung des Gemeindelebens mit. Das Symposion hat mich motiviert, Gemeinde heute neu zu denken.“