Theologisches Gespräch 4/2023
Vorgestellt - Theologisches Gespräch 4/2023
Glaube und Nachfolge
Glaube und Nachfolge – die beiden gehören zusammen. So viel ist gewiss. Und gleichzeitig stellt sich immer wieder neu die Frage, was mit diesen beiden großen und wesentlichen Begriffen des christlichen Glaubens eigentlich gemeint ist. Schon lange und immer wieder ist die Theologie bemüht, ihren Inhalt richtig und sachgemäß zu bestimmen. Das vorliegende Theologische Gespräch leistet dazu einen Beitrag, und zwar aus lutherischer und aus täuferischer Perspektive.
Was ist Glaube? Ist er bloß ein Gefühl, eine flüchtige emotionale Bewegtheit? Bernd Oberdorfer, Professor für Systematische Theologie und theologische Gegenwartsfragen an der Universität Augsburg, zeigt in seinem Aufsatz „More than a feeling“?, dass glaubendes Vertrauen sich auf Inhalte bezieht, sowohl im Bereich des religiösen Vertrauens als auch im Bereich des zwischenmenschlichen Daseins. Im Gespräch mit Friedrich Heinrich Jacobi und Martin Luther, und mit einem Blick auf die Bedeutung, die Vertrauen in lebensweltlichen Zusammenhängen hat, wird der Glaube von Oberdorfer als „inhaltsgestütztes Vertrauen“ beschrieben. Und was ist Nachfolge? Ist sie vor allem Ethik, also Tun des Menschen, das sich vor allem einem sozialen und ethischen Verständnis des Evangeliums verdankt, theologisch gesprochen: dem Imperativ, dem Anspruch des Glaubens? Diese These wird immer wieder gegenüber der täuferischen Theologie formuliert, besonders unter Verweis auf eine täuferische Grundsatzschrift, die Anabaptist Vision von Harold S. Bender. Johannes Reimer, ehemaliger Professor für Missionswissenschaft und Interkulturelle Theologie an der Theologischen Hochschule Ewersbach, überprüft diese These und unternimmt einen genaueren Blick auf das Nachfolgeverständnis täuferischer Theologie. Dabei zeigt er u. a., dass Nachfolge auch im täuferischen Denken in Beziehung gesetzt ist zum Indikativ, also zur Wirklichkeit der Erlösung. Was Glaube und Nachfolge in der gegenwärtigen dramatischen Situation der ukrainischen Gemeinden bedeutet, wird durch den persönlichen Zwischenruf von Joshua T. Searle, Professor für Missionswissenschaft und Interkulturelle Theologie an der Theologischen Hochschule Elstal, eindrucksvoll deutlich. Searle berichtet von einem Besuch in der Ukraine nach Ausbruch des Krieges gegen die Ukraine und erzählt bewegend von der Begegnung mit den Pastoren und Gemeindeverantwortlichen ukrainischer Gemeinden und von ihrer Leidens- und Dienstsituation unter den furchtbaren Umständen des Krieges. Der Zwischenruf ist zugleich ein Aufruf, das Leid des ukrainischen Volkes und der ukrainischen Gemeinden nicht aus dem Auge zu verlieren. Und auch in der aktuellen Predigtwerkstatt, die eine Predigt aus der Passionszeit zum Gegenstand hat, spielen Motive des Glaubens und der Nachfolge eine Rolle. Die Predigt zu Hebr 5, 7-9 stammt aus meiner eigenen Feder; und Michael Schroth, Professor für Praktische Theologie an der Theologischen Hochschule Ewersbach, kommentiert sie und unterzieht sie einer gründlichen Kritik. Ich wünsche den Leserinnen und Lesern eine fruchtbare Lektüre dieses Heftes.
Maximilian Zimmermann (Schriftleitung)
Das THEOLOGISCHE GESPRÄCH bietet theologische Aufsätze, Rezensionen, Predigten und Leseempfehlungen in allen theologischen Disziplinen von Autorinnen und Autoren, die in der Regel einen freikirchlichen Hintergrund oder Bezug haben oder zu einem freikirchlichen Thema schreiben. Mehr Informationen dazu sind auf der Webseites des Theologischen Gesprächs zu finden.